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Zurück an den Arbeitsplatz

Erwerbstätigkeit, hat in unserer Gesellschaft eine zentrale persönliche, gesellschaftliche und ökonomische Bedeutung. Menschen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung sind häufig leistungseingeschränkt und brauchen unterstützende Maßnahmen, um wieder in das Arbeitsleben zurückkehren zu können. Medizinische Rehabilitation und berufliche Teilhabeleistungen sind wichtige Instrumente, um die Teilhabe gesundheitlich beeinträchtigter Menschen an allen Bereichen der Gesellschaftzu sichern. Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation hat Fragen der beruflichen Zukunft besonders im Blick und unterstützt die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden bei dem Wiedereinstieg in das Erwerbsleben.

Optimale Vorbereitung und Begleitung durch Soziale Arbeit
in der medizinischen berufsorientierten Rehabilitation


Ausgehend von der Erkenntnis, dass medizinische Rehabilitations- und berufliche Teilhabeleistungen eng verzahnt werden müssen, wurden seit mehr als 20 Jahren Konzepte zur berufsorientierten medizinischen Rehabilitation (MBOR) entwickelt. Mittlerweile ist die MBOR konzeptionell gut entwickelt und erforscht.
Sie wird verstanden als eine spezifische Form der medizinischen Rehabilitation, die sich ausdrücklich auf die Anforderungen an einem konkreten Arbeitsplatz und die notwendigen Leistungsfähigkeiten und persönlichen Voraussetzungen des Rehabilitanden beziehen. Grundsätzlich steht die Rückkehr an den Arbeitsplatz mehr denn je im Fokus der Rehabilitationsbemühungen.

Neben der Möglichkeit der Stufenweisen Wiedereingliederung nach langer Arbeitsunfähigkeit hat der Gesetzgeber durch den § 84 Abs. 2 SGB IX mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement die Betriebe noch weiter in die Pflicht genommen, die Return-to-Work-Ziele zu unterstützen.

Allerdings erfolgt die Umsetzung des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nicht immer und überall reibungslos. Aus zahlreichen Kontakten mit Arbeitgebern von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) wurden Probleme im Umgang mit dem BEM und der Rückkehr an den Arbeitsplatz deutlich. So fehlt es beispielsweise an den Strukturen zur Einführung und Durchführung eines BEM innerhalb der kleinen und mittelständigen Betriebe. Gleichfalls fehlen Informationen, wie eine Rückkehr des Arbeitnehmers mit gesundheitlichen Einschränkungen erfolgreich gelingen kann und welche Unterstützung beispielsweise die Rentenversicherung oder das Integrationsamt hierbei leisten können. Daneben ist wenig bekannt, dass eine stufenweise Wiedereingliederung individuell gestaltet werden kann und somit nicht nur die Stundenzahl, sondern auch die Anzahl der Tage pro Woche variieren können.

Die Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation widmet sich seit jeher der Schnittstelle zwischen der medizinischen Rehabilitation und der Rückkehr an den Arbeitsplatz. In der Fachdiskussion wird in einer intensiven Sozial- bzw. Rehabilitationsberatung durch Soziale Arbeit während der medizinischen Rehabilitation ein wesentlicher Baustein zur Verbesserung der beruflichen ingliederungschancen gesehen (vgl. BAR, 2001). Im Folgenden sollen daher die Interventionsmöglichkeiten der Sozialen Arbeit verdeutlicht werden, die in der Diskussion um das BEM und die Stufenweise Wiedereingliederung noch zu wenig beachtet werden.

Eine optimale Vorbereitung zur Rückkehr an den Arbeitsplatz kann während der Rehabilitation dann gelingen, wenn die Übergänge und Schnittstellen rechtzeitig in den Fokus genommen werden. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Rehabilitanden-Befragung von Bürger et. al. (2011). So wird offenbar die Empfehlung zur Stufenweisen Wiedereingliederung in den Kliniken unterschiedlich häufig ausgesprochen. Zudem weist die Studie darauf hin, dass von den empfohlenen Stufenweisen Wiedereingliederungen nur ein Teil auch umgesetzt wird und von diesen wiederum nur ein Teil erfolgreich verläuft. Eine Antwort auf die Frage, warum nur ein Teil der Empfehlungen zur Stufenweisen Wiedereingliederung umgesetzt wird, gibt die Untersuchung nicht. Es ist zu vermuten, dass, solange der Patient nicht in den Prozess einbezogen und seine individuelle Arbeitsplatzsituation nicht berücksichtigt wird, weiter Empfehlungen ins Leere ausgesprochen werden. Pläne zur Stufenweisen Wiedereingliederung, die im Vorbeigehen aufgestellt werden, haben wahrscheinlich geringere Aussichten auf Erfolg. Die Organisation im Vorfeld der Stufenweisen Wiedereingliederung wurde von den befragten Rehabilitanden als nicht ausreichend bis schlecht bewertet.

Damit medizinische berufsorientierte Rehabilitation gelingen kann, müssen die Ziele des Rehabilitanden, seines Arbeitgebers und seines sozialen Umfeldes berücksichtigt werden.

Zielgerichtete Interventionen für den beruflichen Wiedereinstieg notwendig
Vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl von Rehabilitanden mit besonderen beruflichen Problemlagen ist eine individuelle Vorbereitung der beruflichen Wiedereingliederung notwendig. Als besondere Problemlage gilt beispielsweise, wenn gemäß § 51 SGB V nach einem ärztlichen Gutachten die Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder gemindert ist. Weitere Kriterien sind lange Fehlzeiten, ein Alter über 55 Jahre, fehlende Schul- und/oder Berufsausbildung, eine berufliche Neuorientierung, Konflikte am Arbeitsplatz, berufliche Überforderung oder auch fehlendes berufliches Zutrauen.

Diese Aufzählung macht deutlich, dass eine medizinische Orientierung allein nicht ausreicht. Auch die internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) weist auf die Bedeutung der personalen und umweltbedingten Kontextfaktoren für die Rückkehr ins Erwerbsleben hin. Diese müssen in den Rehabilitationskonzepten entsprechend berücksichtigt werden. Nationale und internationale Studien belegen außerdem, dass die subjektive Einstellung für die berufliche Wiedereingliederung von großer Bedeutung ist. Somit werden entsprechende zielgerichtete Interventionen für den beruflichen Wiedereinstieg notwendig.

Die umfassende Berücksichtigung des Rehabilitanden in seiner individuellen Lebens- und Krankheitssituation im Sinne der ICF ist Leitbild der Sozialen Arbeit. Sie arbeitet auf Grundlage des bio-psycho-sozialen Grundverständnisses und begleitet den Rehabilitanden durch die medizinische Rehabilitation und im Idealfall auch noch danach. Die Beratung erfolgt unter besonderer Berücksichtigung der Lebenswelt vor der Erkrankung, mit der Erkrankung und der aus ihr resultierenden Lebensweltveränderungen. Sozialarbeiterisches Handeln verfolgt in allen Bereichen der Rehabilitation folgende Ziele: „Motivierung, Begleitung und Anleitung, Unterstützung bei der Entwicklung von Bewältigungsstrategien, Entwicklung von Lösungsansätzen, Förderung der Transparenz und Compliance, Stärkung der Selbstbestimmung, gegebenenfalls Übernahme der anwaltlichen Funktion“ (DVSG 2008). Das Spannungsfeld, in dem sich die Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation bewegt, ist in dem „Vierfachen Mandat nach Röh“ sehr gut beschrieben (Röh 2006): Soziale Arbeit muss die Bedürfnisse der Bürger/Klienten, die Interessen der Gesellschaft, die Interessen der Institution sowie den Auftrag der Profession (Umsetzung von Menschenrechten) in Einklang bringen. Nicht selten formuliert der Rehabilitand andere Ziele als es die Gesellschaft, die Leistungsträger oder die Institution vorgeben. Dabei ist zu bedenken, dass auch der Rehabilitand selbst in einem Spannungsverhältnis steht, da sich beispielsweise die Anforderungen, die sein Arbeitgeber an ihn stellt, nicht vereinbaren lassen mit den Anforderungen, die sein soziales Umfeld (Familie) an ihn stellt. Auch befindet sich der Rehabilitand in einem ihm häufig unbekannten Terrain von verschiedenen Institutionen mit unterschiedlichen sozialrechtlichen Bezügen.

Soziale Arbeit muss hier gezielte, individuell zugeschnittene Informationen vermitteln. Welche Angebote im Einzelfall in Frage kommen und in der jeweiligen Situation zu realisieren sind, muss mit dem Rehabilitanden individuell erörtert werden. Es bedarf professioneller Anleitung zu eigenverantwortlichem Handeln unter Beachtung der Kontextfaktoren.

Gerade das Nachsorgenetzwerk ist von zentraler Bedeutung in der Sozialen Arbeit. Hier kann die Sozialarbeiterin/der Sozialarbeiter helfen, die Schnittstellen zu überwinden. Das Schnittstellenmanagement kann nur dann nachhaltig sein, wenn die Rehabilitanden gleichberechtigt in den Gesamtprozess einbezogen werden und die individuellen Lebenslagen mit den jeweiligen Ressourcen, Unterstützungspotenzialen, Bewältigungsstrategien, Risiken und Einschränkungen in der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft berücksichtigt werden

Eine umfassende Nachsorge beeinhaltet:

  • Motivierung und Kooperation aller Beteiligten
  • Anleitung durch Fachpersonal
  • Wegweiser im Sozialsystem (Höder & Deck 2007)

Das sind genau jene Leistungsinhalte, die von der Profession Sozialarbeit erwartet werden können und geleistet werden. Um eine solche Nachsorge zu gewährleisten, sind während der Rehabilitation berufsbezogene Behandlungsangebote notwendig. Sie bieten sich als Brücke zwischen stationärem Setting und beruflicher Realität an. Hierzu zählen in der Sozialen Arbeit, wie sie in der medizinisch-berufsorientierten Rehabilitation geleistet wird, die erweiterte berufliche Anamnese und eine umfangreiche Arbeitsplatzanalyse. Diese muss die Inhalte und Aufgaben der letzten hauptberuflichen Tätigkeit sowie die betriebliche Situation umfassen. Hierzu gehören nicht nur die Arbeitsabläufe, sondern auch die mögliche Abhängigkeit von Arbeitsaufträgen, die Unsicherheit bezüglich des Arbeitsplatzes, angekündigte Umstrukturierungen, Wegezeiten, soziale Anforderungen der beruflichen Tätigkeit, Probleme mit Kollegen, Probleme mit Vorgesetzten, subjektive Zufriedenheit, persönliche Ressourcen, Verfügbarkeit sozialer Kompetenzen, Distanzierungsfähigkeit, Erlebens- und Verarbeitungsmuster von Erfolgen, Scheitern, Fehlern, von Unterstützung, Ungerechtigkeiten, Einstellungen zur Arbeit, subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit, Berufswahl, intellektuelle und geistige Kapazitäten etc.

Vor diesem Hintergrund können eine Arbeits- und Belastungserprobung während der medizinisch-berufsorientierten Rehabilitation sowie eine Beratung zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben weitere wichtige Therapiebausteine sein. Gerade die Vorbereitung und eventuelle Begleitung des BEM sowie die Beratung zur Stufenweisen Wiedereingliederung nach der medizinischen Rehabilitation gelten als wichtige Vorbereitung zur beruflichen Wiedereingliederung. Diese berufsorientierten und erwerbsbezogenen Elemente aus der medizinischen Rehabilitation sind auch in der Reha-Nachsorge nach intensiver Vorbereitung fortzusetzen. Die Rentenversicherung Rheinland Pfalz hat diesen Gedanken aufgegriffen und den Reha-Kliniken, den Auftrag erteilt, mit Hilfe der Fallbegleitung durch die Sozialarbeiter die Nachsorge während der Stufenweisen Wiedereingliederung sicherzustellen.

Faktoren für eine gelungene Rückkehr an den Arbeitsplatz
Beispiele aus der Fallbegleitung bei einer Stufenweisen Wiedereingliederung verdeutlichen, dass eine gelungene Rückkehr an den Arbeitsplatz nur zum Teil von der Arbeitsfähigkeit und Leistungsfähigkeit abhängt. Vielmehrsind es häufig die in der ICF genannten Kontextfaktoren, die in der Praxis über den Erfolg oder Misserfolg der Stufenweisen Wiedereingliederung entscheiden. Es gilt daher, diese in der Fallbegleitung zu berücksichtigen und in die Fallarbeit einzubeziehen. Dabei ist folgendes zu beachten: Ist der Rehabilitand in seinem gewohnten Umfeld, zeigen sich die Probleme sehr viel konkreter und er kann durch die Fallbegleitung motiviert werden, das Erlernte anzuwenden.

Aus Rückmeldungen von ehemaligen Rehabilitanden erfahren die Sozialarbeiter von den Nöten der Versicherten und erhalten viele Anregungen. Hieraus ergibt sich für unsere Arbeit zusätzlich zu den bereits dargelegten Punkten, dass berufsorientierte und erwerbsbezogene Elemente aus der medizinischen Rehabilitation auch in der Reha-Nachsorge nach intensiver Vorbereitung fortzusetzen sind. Die Konstanz des Therapeuten (Sozialarbeiter, Psychologen) über die Rehabilitation hinaus hilft, den Reha-Erfolg zu sichern, und trägt zur erfolgreichen Wiedereingliederung bei.

Die Sozialarbeiter als beauftragte Ansprechpartner der Rehaklinik koordinieren und vermitteln zwischen allen Prozessbeteiligten (beispielsweise zwischen dem Rehabilitanden und seinem Arbeitgeber – beziehungsweise dessen Personalverantwortlichen, dem Betriebsarzt, evtl. dem Hausarzt und/ oder der Krankenkasse, der Deutschen Rentenversicherung und wenn vorhanden dem Berufsbegleitenden Dienst) und sind während der gesamten Phase der Stufenweisen Wiedereingliederung zuständig und persönlich und/oder telefonisch ansprechbar. Die individuellen Ziele der Fallbegleitung dienen dazu, Probleme während der Stufenweisen Wiedereingliederung frühzeitig zu erkennen und die Probleme gemeinsam mit allen Prozessbeteiligten zu lösen. Dies dient allgemein dem Zweck der Wiedereingliederung ins Berufsleben.

In der Praxis zeigt sich in der Fallbegleitung, dass nicht nur direkte Arbeitsplatzbelange Einfluss auf den Erfolg der Wiedereingliederung nehmen, sondern auch andere soziale Probleme eine große Rolle spielen. Diese muss der Fallmanager ansprechen. Außerdem sollte er versuchen, den Rehabilitanden auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen, die seine Situation dauerhaft verbessern könnten. Daraus ergibt sich eine Fülle möglicher Gesprächsthemen. Von Bedeutung können beispielsweise sein:

  • ein veränderter Arbeitsplatz mit veränderten Arbeitsbedingungen
  • ein Berufswechsel
  • Ängste im Schulalltag
  • Konflikte mit Vorgesetzten/Kollegen
  • der Umgang mit eigenen Defiziten
  • die Erkenntnis, dass die Rahmenbedingungen bei diesem Arbeitsplatz nicht stimmen
  • Arbeitsplatzsuche
  • Freizeitaktivitäten wieder aufnehmen
  • Ängste und Sorgen bzgl. der erkrankten Angehörigen
  • Ermutigung eine Selbsthilfegruppe aufzusuchen
  • ambulante Psychotherapie
  • Ermutigung zu weiteren Expositionsübungen
  • vorläufige Trennung vom Ehepartner
  • weitere Untersuchungen
  • Gesundheitsförderung
  • fehlende Entlastung durch Familienangehörige im Haushalt
  • Suchterkrankungen

Einige Zahlen aus den Fallbegleitungen im St. Franziska-Stift Bad Kreuznach sollen nachfolgend die Möglichkeiten er Fallbegleitung weiter aufzeigen und einen Einblick in die zu erwartenden Kosten und die Arbeitsintensität der Fallbegleitung geben: Die Anzahlder Kontakte pro Patient lag zwischen einem und zehn. Die Dauer der Kontakte variierte dabei zwischen 15 und 45 Minuten.. Kontakt zu dem Arbeitgeber, dem Betriebsarzt, dem Betriebssozialarbeiter, der Deutschen Rentenversicherung Rheinland-Pfalz und dem Integrationsfachdienst wurden nach Absprache mit dem Patient aufgenommen und von den Patienten als Unterstützung positiv wahrgenommen. Mitunter wurden trotz ungünstiger Prädiktoren Stufenweise Wiedereingliederungen eingeleitet und konnten aufgrund der Fallbegleitungen erfolgreich durchgeführt werden. Die bisherigen Auswertungen zeigen, dass es in der Durchführung und in den Ergebnissen der Stufenweisen Wiedereingliederung indikationsspezifische Unterschiede gibt. Die Fallbegleitung wurde von Seiten aller Rehabilitanden als sehr große Hilfe im Wiedereingliederungsprozess bewertet. Dabei führt sie während der Stufenweisen Wiedereingliederung nur zu einer geringen Kostensteigerung: Ohne Begleitung betragen die Fallkosten 1.569,94 Euro, mit Fallbegleitung liegen sie im Durchschnitt rund 100 Euro darüber. Dies ist ein Betrag, der sich lohnt!

Soziale Arbeit kann wertvolle Hilfe bei der Fallbegleitung im Rahmen der Stufenweisen Wiedereingliederung leisten.

Schulungsbedarf zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)
In den vergangenen Jahren hat sich um das Thema BEM ein neuer Dienstleistungsmarkt entwickelt, nicht nur Sozialleistungsträger, sondern auch andere Experten bieten hierzu ihre Unterstützung an. In der medizinischen Rehabilitation liegt in der Mehrzahl der Fälle eine über sechswöchige Erkrankung und somit Abwesenheit am Arbeitsplatz vor. Bei jenen Rehabilitanden mit bestehendem Arbeitsverhältnis müsste ein BEM von Seiten des Arbeitgebers angeboten werden. Sozialarbeiter erleben hier von Seiten der Rehabilitanden häufig eine große Verunsicherung.Falls sie schon bezüglich eines BEM durch den Arbeitgeber angeschrieben wurden, vermuten sie häufig ein sogenanntes „Krankenrückkehrgespräch“, welches mit eher negativen Erfahrungen und Erwartungen belegt ist. In der medizinischen Rehabilitation kann man den Patienten zum Thema BEM umfangreich informieren und in Einzelberatungen die Befürchtungen von Seiten des Patienten aufgreifen und auf eine positive Entwicklung hinarbeiten.

Es zeigt sich jedoch bisher in Gesprächen mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern aus der Rehaklinik, dass zum Teil ein Schulungsbedarf zum Thema BEM besteht oder es bei vorhandener umfangreicher Kenntnis der Materie an der nötigen Zeit mangelt, die Patienten auch zu diesem Thema im notwendigen Umfang zu beraten. Gleichwohl gehört eine umfassende Beratung des Rehabilitanden, wie zuvor schon ausgeführt, zum Selbstverständnis der Sozialen Arbeit. Dies umfasst auch die Beratung zum Thema BEM und die Vorbereitung auf das zu erwartende Eingliederungsmanagement am Arbeitsplatz des Rehabilitanden. Sofern es vom Rehabilitanden und vom Arbeitgeber gewünscht wird, geht man in einigen Kliniken so weit, in Einzelfällen auch eine Vorbereitung des BEM anzubieten und zu begleiten. Hier sehe ich insbesondere die Kolleginnen in der ambulanten Reha, sogenannte „BEM-Begleiter“, als Vorreiter. Vor dem Hintergrund der Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse und einer steigenden Zahl von Rehabilitationsfällen mit einer „Arbeitsplatzproblematik“ und mehrdimensionalen Problemlagen erscheint es nur folgerichtig, dem Rehabilitanden eine Beratungskonstanz zu ermöglichen.

Fazit und Perspektiven
Die hier dargestellten Aufgaben der Sozialen Arbeit stellen hohe Anforderungen an die Leistungsträger, Leistungserbringer und nicht zuletzt auch an die Berufskolleginnen und -kollegen. In dem Entwurf „Strukturqualität von Rehabilitationseinrichtungen“ sind die personellen Anforderungen beschrieben, die für den Aufbau eines multidisziplinären Teams erfüllt werden müssen. Diese sollten von allen am Rehabilitationsprozess beteiligten Berufsgruppen als Chance gesehen werden. Indikationsspezifisch wird es beispielsweise in der Psychosomatik bereits eingesetzt und trägt zum Reha-Erfolg bei. Von großer Bedeutung ist auch die Implementierung eines zwischen allen Berufsgruppen abgestimmten Behandlungsmanagements. Dieses beinhaltet die Entwicklung und Abstimmung von Fallauswahlkriterien (Screening), um die zu Recht kritisierten adhoc- Interventionen und unter Zeitdruck getroffenen (Fehl-)Entscheidungen zu vermeiden. Dies schärft die Zielfindung und reduziert Reibungsverluste. Soziale Arbeit sichert im Zusammenwirken mit dem Rehabilitationsteam die umfassende Berücksichtigung des Rehabilitanden in seiner individuellen Lebens- und Krankheitssituation und die reibungslose und passgenaue Anschlussversorgung als Voraussetzungen für eine dauerhafte berufliche und soziale Teilhabe.

Mit freundlicher Genehmigung von Eleonore Anton und der DVSG
Quelle: DSVG Forum Sozialarbeit & Gesundheit 3/2016

Eleonore Anton, Diplom-Sozialarbeiterin/Sozialpädagogin, ist im Sozialdienst der Psychosomatischen Fachklinik St. Franziska-Stift in Bad Kreuznach tätig und im Vorstand der DVSG für den Fachbereich Rehabilitation und Teilhabe zuständig, eleonore.anton@dvsg.org

Literatur:

Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) (2001): Berufsbezogene Maßnahmen in der medizinischen Rehabilitation– bisherige Entwicklungen und aktuellePerspektiven. Frankfurt am Main, S. 6–9.

Bürger, W./Glaser-Möller, N./Kulick, B./Pallenberg, C./ Stapel, M. (2011): Stufenweise Wiedereingliederung zulasten der gesetzlichen Rentenversicherung – Ergebnisse umfassender Routinedatenanalysen und Teilnehmerbefragungen. In: Die Rehabilitation 2011, S. 74–85.

DVSG (2008): Positionspapier Soziale Arbeit in der medizinischen Rehabilitation, abrufbar unter http://dvsg.org/die-dvsg/fachbereiche/rehabilitation-und-teilhabe/publikationen/
Röh, Dieter (2006): Die Mandate der Sozialen Arbeit: in wessen Auftrag arbeiten wir? In: Soziale Arbeit, Jg. 55, Heft 12,S. 442–449.

Höder, J./Deck, R. (2008): Nachsorge – Wunsch und Wirklichkeit aus dem Blickwinkel von Rehabilitanden mit muskuloskelettalen Erkrankungen. In: Deck, R./Glaser-Möller, N./Remé,T.: Rehabilitation und Wiedereingliederung, der Patient im Mittelpunkt. Lage: Verlag Hans Jacobs, S. 97–126.