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Neuropsychologie

Bei welchen Krankheitsbildern ist eine neuropsychologische Behandlung wichtig und sinnvoll?

Die neuropsychologische Therapie wird bei allen krankheitsbedingten Funktionsstörungen des Gehirns angewandt. Darunter fallen z.B. Folgen traumatischer Schädigungen des Gehirns wie Schädelprellung, Schädelbruch, Hirntraumen, Gehirnerschütterung, Folgen von Schlaganfällen, Folgen entzündlicher Krankheiten wie z.B. Meningitis, Folgen epileptischer Erkrankungen, Folgen frühkindlicher Schädigungen und Entwicklungsstörungen des ZNS, vaskuläre und degenerative Demenzformen, Parkinsonsche Erkrankung, Folgen raumfordernder Prozesse (Tumoren) etc. Folgen solcher Erkrankungen sind häufig Störungen im Bereich der geistigen Leistungsfähigkeit, im Gefühlsleben oder Störungen im Sozialverhalten. Schwierigkeiten, den Alltag selbständig zu planen oder weitreichende finanzielle Entscheidungen zu treffen, mangelnde Kontrolle z.B. aggressiver Impulse werden oft erst nach der Entlassung aus der Klinik in der komplexen Situation des Alltags von Familienmitgliedern beobachtet und als problematisch und belastend erlebt.

Es kommt vor, dass Betroffene ihre Störungen unterschätzen und sich oder andere durch ihr Verhalten in Gefahr bringen. Auch das Überschätzen von Schwierigkeiten kommt bei Betroffenen und Angehörigen vor und kann bei zu häufig angebotenen Hilfestellungen dazu führen, dass Betroffene nicht so selbständig sind, wie sie es sein könnten. Zusätzlich zeigt es sich, dass viele Betroffene sich mit ihrem Zustand nicht abfinden können. Häufig kommt es dann zu Depressionen, Angst und Anspannung sowohl bei der betroffenen Person als auch bei Angehörigen. Langfristig ist es nicht selten, dass Menschen nach Erkrankungen und Verletzungen des Gehirns aufgrund dieser neuropsychologischen Störungen ihre früheren Sozialkontakte nicht aufrecht erhalten können und sozial isoliert sind.

Prinzipiell sind diese Art Folgen von Hirnschädigung behandelbar. NeuropsychologInnen haben in den letzten Jahren zunehmend Methoden entwickelt, die Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit, der Gefühlssteuerung und des Verhaltens mindern helfen und die Anpassung an die Behinderung unterstützen.

Was wird da eigentlich gemacht?

Das Arbeitsspektrum von NeuropsychologInnen ist sehr breit. Es reicht von einfachen Funktionstrainings über psychotherapeutische Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung bis hin zur Steuerung beruflicher Wiedereingliederungen. Die Inhalte der neuropsychologischen Therapie orientieren sich an gemeinsam erarbeiteten und realisierbaren Therapiezielen. Die therapeutische Arbeit sollte alltagsnah erfolgen und möglichst konkrete Verbesserungen der Funktionsfähigkeit, des psychischen Wohlbefindens, der Lebensqualität und der Befähigung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Arbeitsleben der betroffenen Person erwirken.

Auch die Einbeziehung von Angehörigen ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung. Es geht darum, diese zu unterstützen und zu beraten, und ihnen ggf. auch einen eigenen Therapieplatz zu vermitteln. In manchen Fällen können die verloren gegangenen Funktionen, bspw. im Bereich der Aufmerksamkeit, wieder durch spezielle, teilweise auch computergestützte Therapieverfahren aufgebaut werden. Das gilt aber nicht für alle Funktionsbereiche. Häufig werden Techniken eingesetzt, die die Beeinträchtigung kompensieren, also ausgleichen sollen. So kommen bspw. technische Hilfsmittel zum Einsatz, neue Kalender- und Planungssysteme, aber auch sogenannte metakognitive Strategien, mit deren Hilfe die Person lernen soll, sich selbst Handlungsanleitungen zu geben. Wichtiges Thema in diesem Zusammenhang ist die Auseinandersetzung mit der veränderten Lebenssituation und den veränderten Fähigkeiten sowie die Bereitschaft, sich an die Veränderungen so anzupassen, dass ein größtmöglicher Grad an Autonomie und psychischem Wohlbefinden erreicht werden kann.

Häufig finden zudem komplizierte psychische Auseinandersetzungsprozesse mit den Erkrankungsfolgen statt. Diese reichen von der Trauer um die erlittenen Verluste an Funktionsfähigkeit oder die eigenen, nicht mehr realisierbaren Zukunftspläne über Schamgefühle im Umgang mit dem eigenen Körper, Wüten gegen das Schicksal, Selbsthass weil man meint, die Krankheit verursacht zu haben bis zu Hilf-und Hoffnungslosigkeit angesichts der neuen Aufgaben. NeuropsychologInnen sind mit diesen Prozessen der Krankheitsverarbeitung vertraut und helfen den Betroffenen und Angehörigen dabei, Mut zu finden, ein neues, verändertes Leben zu führen.

Ein weiteres Arbeitsfeld von NeuropsychologInnen ist die Begleitung bei der Rückkehr ins Arbeits- und Erwerbsleben. Auch hier ist es sinnvoll, Bescheid zu wissen über die Folgen von Hirnschädigungen und die Möglichkeiten, diese zu kompensieren. Manche NeuropsychologInnen gehen mit an den Arbeitsplatz und beraten in Abstimmung mit ihren KlientInnen Vorgesetzte und Teams bei der Wiedereingliederung von Betroffenen.

Was unterscheidet eigentlich eine neuropsychologische Behandlung von einer neuropsychologisch orientierten Behandlung in der Ergotherapie? Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die neuropsychologische Therapie ein wissenschaftlich begründetes, psychologisches Therapieverfahren ist und NeuropsychologInnen selbst hoch qualifizierte und spezialisierte BehandlerInnen sind. Sie haben ein Psychologiestudium abgeschlossen, eine Weiterbildung in Klinischer Neuropsychologie absolviert, die meisten sind zusätzlich noch approbierte PsychotherapeutInnen.

Sie haben gelernt, Tests durchzuführen und die Ergebnisse auf den Einzelfall abgestimmt zu interpretieren. Sie können Diagnosen für den Bereich organisch bedingter psychischer Störungen vergeben und diese von anderen psychischen Störungen abgrenzen. Auf der Basis von wissenschaftlich abgesicherten Behandlungsempfehlungen und den eigenen klinischen Erfahrungen können sie Betroffene und Angehörige darüber beraten, welche Behandlungsformen im Einzelfall sinnvoll sind. Sie haben ein breites Spektrum von Behandlungsmethoden erlernt. Während der Behandlung überprüfen sie immer wieder diagnostisch und in Rücksprache mit den Betroffenen, ob die Behandlung hilft. Als PsychotherapeutInnen sind sie zudem hohen ethischen Standards verpflichtet.

Kann ich eine solche Therapie einfach beantragen?

Die ambulante neuropsychologische Therapie ist eine Regelleistung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Sie muss nicht beantragt werden, sondern es müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein, damit man einen Anspruch auf die Behandlung hat. Das erklärt Ihnen in der Regel die niedergelassene Neuropsychologin oder der Neuropsychologe im telefonischen Erstgespräch.

Am besten, Sie wenden sich an Ihre gesetzliche Krankenversicherung und Fragen nach einem Therapeuten oder einer Therapeutin vor Ort. Auch die jeweiligen kassenärztlichen Vereinigungen geben Auskunft über niedergelassene NeuropsychologInnen. Von Berufsgenossenschaften, Haftpflichtversicherungen und privaten Krankenkassen werden die Kosten zumeist übernommen.

Mit welchen Kosten muss ich rechnen,...

Es entstehen Ihnen keine eigenen Kosten.

An wen muss ich mich wenden,...

(...um eine geeignete neuropsychologische Praxis in meiner Wohnortnähe zu finden?)

Am besten, Sie wenden sich an die Gesellschaft für Neuropsychologie. Im Internet finden Sie diese unter http://www.gnp.de . Sie können dort auf der Website direkt BehandlerInnen suchen. Telefonisch ist die GNP in der Geschäftsstelle erreichbar unter 06 61/9 01 96 65. Sie können aber auch Ihre gesetzliche Krankenkasse oder die kassenärztliche Vereinigung anfragen. Eine weitere Möglichkeit ist, selbst im Internet zu suchen, einige Praxen haben eigene Webseiten. Achten Sie darauf, dass der Behandler oder die Behandlerin die Zusatzqualifikation „Klinische/r Neuropsychologin/e (GNP)“ erworben hat. Der Begriff Neuropsychologie ist nicht geschützt.

verfasst für tettricks, von Dr. Sabine Heel, Klinische Neuropsychologin (GNP), Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie), www.zanv.de (© 2016)
(WAS IST NEUROPSYCHOLOGIE, siehe hierzu auch: http://www.gnp.de )